Wir waren alle überrascht von der Vielseitigkeit der „Norischen Region“, wie sich der Zusammenschluss von 9 Gemeinden in Mittelkärnten seit 1990 nennt und vermarktet. Das Görtschitztal ist ein wahres Eldorado für Historiker & Kunstliebhaber!
Start unserer Görtschitztaltour war um 9.00 Uhr der Bahnhof in Althofen (es gibt stündliche Zugverbindungen aus Richtung Klagenfurt, St. Veit, Judenburg, Wien). Diesmal hat zum Glück auch das Wetter mitgespielt, nachdem wir bereits zwei Thementouren in diesem Jahr verschieben mussten.
Althofen ist die einzige bewohnte Höhensiedlung in Österreich mit einer einzigartigen Altstadt: Mit Fresken bemalte Häuser aus dem 14. und 15. Jahrhundert, eine nahezu vollkommen intakte Stadtmauer mit einem imposanten Wehrturm aus dem 13. Jahrhundert – der sogenannte „Annenturm“, benannt nach der Burgschauspielerin Anna Grobecker, die sich nach ihrer Schauspielkarriere in Althofen niederließ und dort ein Schloss direkt vor dem mittaltlerlichen Turm erwarb.
Eine weitere wichtige Persönlichkeit ist der Erfinder Carl Auer von Welsbach, von dem es auch ein mit Liebe geführtes Auer-von-Welsbach Privatmuseum in der Altstadt gibt. Er hat die noch heute ansässigen Treibacher Chemischen Werke gegründet (heute Treibacher Industrie AG = TIAG), hat vier Elemente neu entdeckt, den Zündstein für das Feuerzeug erfunden und war der Erfinder vom Glühstrumpf im Gaslicht („Auerlicht“), mit dem heute wieder die Altstadt beleuchtet wird, sowie der Metallfadenlampe.
Der Radweg von Althofen führt direkt nach Silberegg und Guttaring, wo wir nur kurz Halt gemacht haben, um die schöne Wallfahrtskirche Maria-Hilf auf dem Berg zu bewundern. Dann kam die erste Herausforderung an diesem Tag: der Schelmberg….. er ist wirklich ein Schelm 😉 ….. führt uns aber direkt ins schöne Görtschitztal.
Ab da ging es nur noch bergab – zumindest geologisch betrachtet. Man rollt eigentlich nur so durch Dörfer wie Wieting, Klein St. Paul, Eberstein, St. Walpurgen und Brückl.
Auf dem Weg begegnen uns zahlreiche keltische, römische, romanische, gotische, barocke und zeitgenössische Kunstwerke. Angefangen bei der prachtvollen Sakralkunst in den Pfarrkirchen
über riesige römische Kunstwerke
bis hin zu zeitgenössischen Kunstwerken, die uns auf Schritt und Tritt im gesamten Görtschitztal begegneten.
Wir durften uns auch über zahlreiche spannende Begegnungen freuen, wie zum Beispiel über einen Pfarrer, der uns gleich auch eine Privatführung durch das Pfarrhaus gegeben hat mit abschließender Messweinverkostung …… oder einem Künstler, der uns in sein privates Refugium eingelassen hat, das er sich in einem noch aktiven Wasserkraftwerk eingerichtet hat.
Natürlich durfte auch der leibliche Genuss nicht fehlen: Eingekehrt sind wir diesmal um etwa 13 Uhr im Landgasthof Sonnberger in Klein St. Paul (wir sind genau richtig zur Schwammerlzeit gekommen, empfehlenswert ist das Eierschwammerlgröstl). In Klein St. Paul befindet sich nicht nur eine einzigartige Pfarrkirche, wo gerade ein umstrittenes Fassadenbild des Kärntner Nazi-Künstlers Switbert Lobisser neu restauriert wurde, sondern auch das Museum für Quellenkultur des zeitgenössischen Künstlers Werner Hofmeister. Dort sind Kunstwerke aus allen Epochen versammelt.
Nach der Stärkung ließen wir uns weiter leicht bergab parallel zur Görtschitz durch das idyllische Tal treiben (der Fluss entspringt übrigens im steirischen Natura2000 Gebiet Hörfeldmoor und fließt bei Brückl in die Gurk – deshalb auch der slowenische Name Krčica für die Görtschitz, was soviel bedeutet wie: Kleine Gurk).
Unsere nächste Station: Die Gemeinde Eberstein mit dem prägnanten Schloss Eberstein auf einem Felsvorsprung. Der Name „Eberstein“ geht, gleich wie die Bezeichnung des davorliegenden Berges „Saualm“, auf den Wildschweinreichtum einstiger Tage zurück.
Leider konnte ich diesmal bei den Besitzern keine Besichtigung erwirken, denn Schloss Eberstein ist wirklich ein absolutes Juwel. Die ersten Gebäude auf der Anhöhe wurden bereits im 12. Jahrhundert errichtet. Auch die in Kärnten einst wichtige Familie Welzer (unter anderem Erbauer des Schlosses Welzenegg in Klagenfurt – das Schloss ist übrigens fixer Bestandteil meiner wöchentlichen Schlösser-Radtour in Klagenfurt) hat einige Gebäude hinzugebaut. Sein heutiges Aussehen im historistischen Tudor-Stil, der in Großbritannien im Übergang zwischen Renaissance und Barock entstanden ist, verdankt das über allem thronende Schloss jedoch der Gewerkenfamilie Christalnigg. Ab dem 15. Jahrhundert betrieb diese Familie eines der größten Hammerwerke in Kärnten. Reste davon sind noch im Museum für Quellenkultur zu besichtigen.
Der heutige Reichtum der Norischen Region hat ihren Ursprung in der Eisenverarbeitung des beliebten „Norischen Eisens“, das am oberen Eingang des Tales in Hüttenberg bereits seit den Kelten ab etwa 500 v. Christus abgebaut wurde (dort können heute noch einige Schaustollen besichtigt werden – außerdem befindet sich dort auch das berühmte Tibetzentrum von Heinrich Harrer). Das Norische Eisen war auch der Grund für die friedliche Annektion der „Provinz Noricum“ in das Römische Reich. Seit dem Ende des Abbaus im 19. Jahrhundert wurde es auch still um diese Region. Völlig zu Unrecht!
Von Eberstein ging es dann in den Endspurt bis Brückl und von dort Richtung St. Veit zum Bahnhof in Launsdorf. Abfahrt mit dem Zug in Launsdorf um 16.32 Uhr. Für diejenigen, für die 40 Kilometer noch nicht lang genug sind, gibt es noch die Möglichkeit, die etwas mehr als 20 Kilometer nach Klagenfurt am Wörthersee zu weiterzuradeln. Für alle anderen fährt ab Launsdorf stündlich eine S-Bahn in beide Richtungen. Sollte man gerade einen Zug verpasst haben, bleibt noch der Trost, die ehrwürdige Burg Hochosterwitz genauer betrachten zu können. Noch heute ist die Burg in Besitz der Familie Khevenhüller. Jedes Jahr findet dort traditionell das Ritterfest statt. In diesem Jahr am Samstag, den 14. Juli 2018 – ein guter Grund bei meiner wöchentlichen Burgentour von Friesach nach Hochosterwitz teilzunehmen.
Streckenführung: Von Althofen bis Guttaring führt ein gut ausgebauter Radweg. Über den Schelmberg muss man dann auf die Bundesstraße. Ab dem Talboden bis nach Brückl verläuft ebenfalls ein hervorragender Radweg hauptsächlich bergab. Die letzten 7 Kilometer von Brückl nach Launsdorf muss man dann wieder die Bundesstraße nutzen. Während der Woche kann es dort zu viel LKW-Verkehr kommen, am Wochenende ist es ruhiger. Wenn man sich entscheidet nach Klagenfurt weiterzuradeln, ist es fast empfehlenswerter, zuerst trotzdem Richtung Launsdorf zu fahren, denn von dort kommt man auf den wunderschönen Glanradweg, während die Strecke von Brückl nach Klagenfurt entlang der Bundesstraße verläuft.
Auch ich war beeindruckt vom kunstvollen goertschitztal, der netten Bewirtung in Klein St. Paul und den vielen kompetenten Infos von Carmen . Eine absolut empfehlenswerte Tour.
Ich danke dir für deine lieben Worte Susanne 🙂
Wow, danke für diesen tollen Bericht. Wir freuen uns sehr darüber, dass Sie das schöne Görtschitztal erradelt habe und JA! der Schwlmberg hat es wirklich in sich 🙂
Danke lieber Herr Wohlfahrt für Ihre Nachricht! Wir kommen sicher bald wieder mal mit unseren Touren ins Görtschitztal 🙂 …. es hat allen sehr gut gefallen.
Mit lieben Grüßen
Carmen Delsnig